Unsere Gedanken von heute sind unsere Wirtschaft von morgen
Eine anders gedachte Wirtschaft ist ein Thema, das alle angeht, und „Wirtschaft anders denken“ möchte für Schüler, Eltern und die interessierte Öffentlichkeit eine Plattform bieten, sich in vielfältiger Weise damit auseinanderzusetzen.
Gedankensammlung zur Corona-Krise
Ziel dieses Blogs ist es, ein paar Gedanken zu unserem Wirtschafts- bzw. Gesellschaftssystem zu sammeln.
Je nachdem, wie sich das Ganze entwickelt, könnte man daraus ein Konzept basteln, das helfen könnte, aus der aktuellen Lage und deren Folgen mit einer tollen Gesellschaftsstruktur rauszukommen … zunächst einmal soll es als eine schöne Beschäftigung dienen, woraus vielleicht jeder die ein oder andere Idee mitnehmen kann.
Entstanden ist das Ganze aus der Idee einer Schülerin des Geographie-Kurses der 12. Klasse der Rudolf-Steiner-Schule Ismaning. Die verschiedenen Gedanken der Schüler*innen wurden ergänzt durch Mitglieder der Projektgruppe von "Wirtschaft anders denken" sowie Dozenten.
Grundsätzliches
Vorschlag Veränderungsstrategie:
1. bestehendes System verstehen, wie werden die Aufgaben gelöst?
2. Schwachstellen ausfindig machen
3. Alternativen entwickeln
4. Wege suchen, diese einzuflechten
Gemeinschaft
- Gedanke in Richtung der Assoziativen Wirtschaft: Durch Notfallprogramme des Staates werden jetzt Unternehmen unterstützt, um nicht insolvent zu gehen. Menschen nähen in ihrem Wohnzimmer Atemschutz Masken für die Krankenhäuser. Das Geben und Nehmen ist ein wichtiger Bestandteil der aktuellen Situation, um alles am Laufen zu halten. Plötzlich funktioniert es! Klappt das auch im größeren? Wer braucht was und wie/wer kann helfen usw. (JS)
- Bemerkenswerte Worte von Joachim Löw (Bundestrainer): „Die Welt hat ein kollektives Burnout erlebt...Wir müssen uns hinterfragen…nichts ist mehr wie es vorher war…Ich habe so das Gefühl, dass die Welt und vielleicht auch die Erde sich so ein bisschen stemmt und wehrt gegen die Menschen und deren Tun. Denn der Mensch denkt immer, dass er alles weiß und alles kann und das Tempo, das wir so in den letzten Jahren vorgegeben haben, war nicht mehr zu toppen. Macht, Gier, Profit, noch bessere Resultate, Rekorde standen im Vordergrund. Umweltkatastrophen wie in Australien oder sonstwo, die haben uns nur am Rande berührt… Jeder Einzelne muss beweisen, dass wir uns wandeln können“. (Ostfriesenzeitung vom 19.3.2020) (KW)
Einkommen
- Man merkt derzeit am Beispiel der Pflegekräfte, wie ungerecht in vielen Fällen die Höhe der Löhne sind, die oft nur aus dem Streben nach maximalem Profit für einzelne entstanden sind. (KW)
- Was spricht für ein bedingungsloses Grundeinkommen? Gerade in Zeiten wie diesen könnte ein Grundeinkommen für viel Menschen eine Stütze für die Überbrückung der Zeit der Ausgangsbeschränkung sein. Gastronomie-Besitzer, Künstler und Friseure gehören zum Beispiel in die Berufsgruppen, die jetzt nichts mehr verdienen können, da Veranstaltungen abgesagt und Läden sowie Gaststätten geschlossen werden müssen. (JS)
- Zum bedingungslosen Grundeinkommen: In Finnland und in der Schweiz sind/waren Pilotprojekte angedacht. In Finnland etwas über 500€ (also eine Art Vereinfachung der Sozialhilfen), in der Schweiz ca. 2.000€ (also tatsächlich ein Lebensunterhalt) → es gibt also noch keine funktionierenden Vorbilder, bei denen man sich etwas abschauen könnte. Vielleicht ist das bedingungslose Einkommen eine zu einfache Antwort auf eine zu komplexe Frage? Wie würde man das finanzieren? Müssten dann Firmen höhere Abgaben leisten, dadurch würde der Staat eine Übermacht erhalten... Wie wäre es mit einem temporären Grundeinkommen für betroffene in Krisensituationen? Und einer Gehaltsobergrenze? Alles was darüber hinaus verdient wird, muss entweder an den Staat oder an eine Einrichtung, die sich um menschliche Grundbedürfnisse kümmert, abgegeben werden. Hiermit würde die Kapitalanhäufung einzelner unterbunden werden, bzw. sie werden dazu verpflichtet, ihr Geld für allgemein nützliche Zwecke auszugeben.
Gleichzeitig ist es aber wichtig, dass (und wir haben ja die Kapazitäten eigentlich!!) jeder Mensch (ich spreche zunächst einmal von Deutschland obwohl das selbstverständlich für die ganze Welt wichtig ist!) Zugang zu Lebensmitteln, dem Gesundheitswesen und einer Unterkunft hat. Das wäre dann kein bedingungsloses Grundeinkommen, aber ein bedingungsloses Zugestehen der Grundbedürfnisse. (SF) - Ich bin der Meinung wir sollten ein BGE unbedingt testen. Mein Hauptargument ist, dass in Zukunft viel geringqualifizierte Menschen gar keine Arbeit mehr finden werden, da sie durch Algorithmen und Roboter ersetzt werden. Diese Entwicklung wird deutlich schneller einsetzen, als die meisten glauben.
Da dadurch die schlecht bezahlten aber notwendigen Arbeiten (Pflege, Müllabfuhr etc.) unattraktiv werden, steigt der Druck diese Tätigkeiten attraktiver zu entlohnen.
Die Finanzierung kann zum einen dadurch erfolgen, dass wir jegliche Bürokratie, die wir heute noch nutzen (JobCenter, Sozialhilfe, Wohnungsgeld, BaFöG, etc.etc.) einsparen. Hier geht es nicht nur um die Geldmittel, sondern auch um zigtausende Angestellte und Beamt*innen, die Armut verwalten. Dabei werden auch Tausende von öffentlichen Immobilien überflüssig.
Einher gehen muss das mit einem veränderten Steuersystem. Die unteren Einkommensschichten müssen entlastet werden, während die Progression linear bis auf einen Spitzensteuersatz (vielleicht 80 %) ansteigt, der es unattraktiv macht, weitere Milliarden anzuhäufen. Das würde auch den Anreiz erhöhen, Kapital gemeinwohl-orientiert einzusetzen. Dazu müssen sämtliche Einkommensarten dieser Progression unterworfen werden. Auch Kapitaleinkünfte, wie Dividenden und Spekulationsgewinne. (JW)
Umgang mit Tieren
- Durch die sogenannten “Wet Markets” kann es relativ leicht zur Verbreitung von Viren kommen wie auch durch die Massentierhaltung (Bsp. Schweinegrippe, Spanische Grippe). (KW)
- Auch hier bin ich der Meinung, dass der Gesetzgeber stark regulieren sollte. Auf Basis der heute schon vorhandenen Abstufungen in der Tierwohl-Haltung könnten z.B. unterschiedliche Umsatzsteuer-Sätze Anwendung finden. Produkte der jeweils höchsten Haltungsstufe sollten keinen oder nur sehr geringen USt-Sätzen unterworfen sein. Während die tiefste Haltungsstufe einem USt-Satz von z.B. 30 % unterliegen sollte. (JW)
Umwelt/Natur
- Auf den Straßen ist es viel leerer, nur wenige Menschen (die kein Homeoffice machen können) fahren zur Arbeit. Dies hat auch eine Auswirkung auf die CO2 Menge, die jetzt aufgrund dessen nicht mehr in so gewaltigen Mengen ausgestoßen wird. Gibt es vielleicht auch zukünftig, ohne Corona, eine Möglichkeit den alltäglichen Feierabendverkehr zu verhindern? (JS)
- Entstehung des Corona-Virus und anderer durch viel zu starke Zerstörung und Zurückdrängen von Naturräumen wie Wälder. Dadurch kommen Fledermäuse als Überträger der Viren zu stark in die Nähe der menschlichen Siedlungen. (KW)
- Die „externalisierten“ Kosten müssen endlich in die Preise einbezogen werden. Dies ist allerdings ein gigantisches Vorhaben, da dies meines Erachtens nur funktionieren würde, wenn wir dazu globale Abkommen erreichen würden. Andernfalls würde die Wettbewerbsfähigkeit der die Umwelt schonenden Länder stark leiden. Schon heute ist Umweltdumping ein großes Problem in den produzierenden Branchen. (JW)
- Die flächendeckende, teilweise bzw. zeitteilige Einführung von Home-Office könnte den Individualverkehr erheblich verringern. Die letzten Monate haben gezeigt, dass viele Unternehmen etliche Tätigkeiten verlagern können. Ich würde hier allerdings zu keinen Schwarz-Weiß-Betrachtungen greifen. Eine sinnvolle Mischung aus Präsenz im Unternehmen und Home-Office sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber individuell aushandeln. Auch hier kann der Staat Anreize schaffen. Z. B. „belohnt“ er derzeit noch die Arbeitnehmer-Mobilität. während Heimarbeitsplätze keine Förderung erfahren. (JW)
- Ein Zitat von Wolfgang Schäuble, dem Bundestagspräsidenten:
„Wir werden mit den klassischen Mitteln umso wenigr anfangen können, je länger die Krise dauert......Noch immer ist nicht nur die Pandemie das größte Problem, sondern der Klimawandel, der Verlust der Artenvielfalt – all die Schäden, die wir Menschen und vor allem wir Europäer durch Übermaß der Natur antun......Hoffentlich werden uns nicht wieder Abwrackprämien einfallen, die es der Industrie ermöglichen, weiterzumachen wie bisher“
Es gibt also durchaus regierende Politiker, die ein Umdenken für notwendig erachten. Was können wir als Einzelne oder als Gruppe tun, um dieser Notwendigkeit Nachdruck zu verleihen? Konzepte für ein nachhaltiges, umweltschonendes und gerechtes Wirtschaften gibt es viele (Gemeinwohlökonomie, Postwachstums-Ökonomie, Vollgeld-Initiative, bedingungsloses Grundeinkommen u.v.a.m.). (C.S.)
Globalisierung
- Weltweit eine vielfältige und verbreitete Produktion von Gebrauchsgegenständen, die derzeit verbreitet in einem Land produziert werden. (aufgrund von Profitdenken…) Beispiel: Atemschutzmasken werden aus China importiert, durch Exportstopps bekommt ganz Europa ein Problem. Weiter gestreute Produktionsfirmen verteilt auf der ganzen Welt lösen solche Probleme, bzw. können die Auswirkungen etwas kompensieren. (JS)
- So könnte man dementsprechend in Krisensituationen anderen Ländern oder Kontinenten aushelfen, da ja auf der Welt verteilt die Produktionen/Institutionen vorhanden sind. (MK)
- Eine resiliente Wirtschaft reduziert ihre Abhängigkeit von globalen Zulieferketten.
Insbesondere die Produkte der Daseinsvorsorge sollten vor Ort erzeugt werden.
Wir benötigen Anreize für eine regionale Nahrungsmittelversorgung. Eine Reform der Landwirtschaftspolitik ist deshalb dringend nötig.
Der gegenwärtige Trend zu immer größeren, monokulturellen Betrieben muss gestoppt werden. Sowohl aus ökologischer, als auch unter dem Gesichtspunkt der Risikodiversifizierung und der Nahrungsmittel-Vielfalt.
siehe auch unten; z.B. Permakultur (JW) - Globalisierung, soweit sie den Welthandel betrifft, ist ja per se nicht schlecht. Es soll da produziert werden, wo die Ressourcen vorhanden sind. Dass Problem an der Globalisierung ist doch, dass sie unter der Flagge des Kapitalsmus, der Profitorientierung und Gewinnmaximierung sich abspielt. Von Russland kamen Hilfslieferungen nach Italien, von China nach Spanien. Die großen Lieferungen von Schutzausrüstungen kamen auch aus China nach Deutschland. Auch die Staaten der EU helfen sich gegenseitig, allerdings nicht, wenn es ums Geld geht. Ich wünsche mir keine Nationalisierung, sondern eine über alle Grenzen hinweg solidarische Globalisierung. (CS)
Politik
- Ein Expertenregierung sollte keine Ausnahme sein. Die Voraussetzung für ein Ministeramt könnte eine themenspezifische Qualifikation darstellen, das muss keinesfalls ein Studium voraussetzen, Familienministerin könnte z.B. auch eine Erzieherin sein. Der Gedanke dahinter ist, dass Menschen mit Lebenserfahrung das Land regieren und danach möglicherweise auch, mit einem Politikverständnis, wieder in ihr Berufsfeld zurückgehen. So könnte ein besseres gegenseitiges Verständnis zwischen Politik und Bürgern entstehen. (SF)
Landwirtschaft/Ernährung
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Für Monokulturen und Massentierhaltung gibt es so viel bessere Alternativen, beispielsweise mit Permakultur kann der pflanzliche Lebensmittelverbrauch (auch bei wachsender Bevölkerung) gut gedeckt werden. Durch die Permakultur wird der Boden optimiert und nachhaltig genutzt und aufbereitet, es werden auch Arbeitsplätze geschaffen (schwer mit großen Maschinen zu bewirtschaften) in vielen anderen Bereichen fallen einfache Arbeitsplätze zunehmend weg.Qualität ist auch in vielen anderen Bereichen ein wichtiger Aspekt (z.B. Elektrogeräte, Architektur, Spielzeug, etc.), die Wirtschaft sollte sich den menschlichen und ökologischen Bedürfnissen anpassen, nicht umgekehrt! (SF)
Das "Wad"-Spiel - ein Wirtschaftsspiel
Das "Wad"-Spiel wurde 2016 entwickelt und erstmalig - nach einer Erprobung mit einer 12. Klasse aus Ismaning - mit knapp 300 Schülern bei den Werkstatttagen 2016 in Ismaning erfolgreich gespielt.
Die Werkstatttage Wirtschaft anders denken 2019 | ![]() |
Ein neues Konzept in Zusammenarbeit mehrerer Waldorfschulen |
Seit 2010 finden nun jährlich die Werkstatttage Wirtschaft anders denken statt und es war schon eine enorme Herausforderung und auch Belastung für die jeweils veranstaltende Schule, über zwei Tage Räume, Verpflegung und ein vielseitiges Angebot an Vorträgen und Workshops für bis zu 300 Teilnehmern zu organisieren.
Nun haben sich die Waldorfschulen Daglfing, Isartal, Ismaning und Schwabing zu einer Kooperation entschlossen und ein neues Konzept erarbeitet.
In dem schon mehrmals erfolgreich durchgeführten Wad-Spiel – das Wirtschaft-anders-denken-Spiel (www.wad-spiel.de) lernen die Schüler und Schülerinnen der 11. Jahrgangsstufen Grundsätzliches über wirtschaftliche Funktionsweisen kennen --> Programm für die 12. Klassen.
Die 12. Jahrgangsstufen haben die Möglichkeit, sich in Werkstätten mit spezifischen Themen rund um das Geld zu beschäftigen --> Programm für die 12. Klassen.
Beide Veranstaltungsteile finden zeitgleich an verschiedenen Waldorfschulen statt. So ist der organisatorische Aufwand für jede einzelne beteiligte Schule gut verkraftbar. Jährlich können sich Waldorfschulen an der Durchführung der Werkstatttage beteiligen. Der Verein Waldorfprojekte – Bildung, Kultur, Begegnung e.V. (www.waldorfprojekte.de) ist der Träger der Gesamtveranstaltung.
Bisher haben alle teilnehmenden Schüler und Schülerinnen es immer ganz besonders geschätzt, den Teilnehmern aus anderen Schulen zu begegnen. Und das wollen wir auch weiterhin ermöglichen. Deshalb werden alle Teilnehmer durch ein Losverfahren auf die unterschiedlichen Schulen verteilt.
Wir freuen uns ganz besonders auf die gute Zusammenarbeit der beteiligten Waldorfschulen.
BEGEGNUNG
Das Thema "Wirtschaft" stößt bei den teilnehmenden Schülern auf großes Interesse - insbesondere auch deshalb, weil sie in den unterschiedlichsten Themenwerkstätten Vielfältiges erfahren und sich in den Gesprächsgruppen darüber austauschen können. Darüber hinaus gibt es Gelegenheiten, sich beim gemeinsamen Essen und in den Begegnungscafés kennenlernen zu können.
INITIATIVE In Abstimmung mit dem Kollegium hat der Wirtschaftskreis der Rudolf-Steiner-Schule Ismaning die Projektgruppe „Wirtschaft anders denken“ gegründet, zu deren Treffen stets interessierte und engagierte Schüler, Eltern und Lehrer herzlich eingeladen sind. 2016 ist daraus der Verein entstanden, der auch andere Schulen bei der Planung und Durchführung von Projekten unterstützt.
ZUSAMMENARBEIT VERSCHIEDENER SCHULEN
"Wirtschaft anders denken" findet alle zwei Jahre an der Rudolf-Steiner-Schule Ismaning statt, so dass jeder Schüler der Oberstufen der Münchner Waldorfschulen und der Wendelsteiner Waldorfschule einmal daran teilnehmen kann. Dank der Initiative der Waldorfschulen Schwabing, Daglfing, Gröbenzell und Isartal fand die Veranstaltung auch in den Jahren dazwischen statt und die Schüler hatten Gelegenheit, sich an zwei Tagen intensiv mit Wirtschaftsthemen auseinanderzusetzen.